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23.03.05

G8 Prozesse Genua: Bolzaneto

G8 Prozesse Genua: Bolzaneto


zeze, 19.03.2005 18:42


Gestützt auf einem 534 Seiten langem Dossier über die Greueltaten in
Bolzaneto während des G8 in Genua (2001) verlangen die AnwältInnen
während der Vorverhandlungen, dass die 47 Verantwortlichen vor Gericht
gestellt werden.


frei übersetzt und angepasst von reppublica.it, 12.3.2005

Ein 534 Seiten langes Dossier wurde am 12.März 2005 dem
Untersuchungsrichter Maurizio De Matteis vorgelegt und kommentiert. Während
des momentan laufenden Vorverfahrens betreffend der Ereignisse in Bolzaneto
(eine Polizeikaserne, die während der G8 Tage von Genua zu einem
Folterknast umgewandelt wurde) wird verlangt, dass die 47 Verantwortlichen
vor Gericht gestellt werden. 15 sind Kaderbullen und Agenten der Polizei, 16
Knastpolizisten, 11 Carabinieri und 5 Ärzte, darunter 3 Frauen.

Die AnwältInnen haben einige Beispiele der Folterkammern in Bolzaneto
aufgelistet:
Ester Percivati musste den Kopf in eine WC-Schüssel stecken, Marco
Bistacchia wurde gezwungen, wie ein Hund auf allen Vieren zu gehen und zu
bellen, die Verprügelung von Mohamed Tabbach, eine Person, die eine Protese
trägt, Taline Ender, Massimiliano Spingi und Sancez Chicarro, welchen
Haarsträhnen abgeschnitten wurden.
Auch die demütigende Episode von Hinrrichts Mayer Thorsten wurde erwähnt.
Er wurde gezwungen, einen roten Hut mit einem Abzeichen (Sichel und Penis)
aufzusetzen und damit im Hof Runden drehen, ohne dass er diesen absetzen
konnte. (weitere Zeugenaussagen, noch viel haarstreubendere zu finden:
www.italy.indymedia.org, im Dossier Genova)

Gestützt auf dem Dossier der Presseagentur ANSA (www.ansa.it), welche die
Rekonstruktion der Ereignisse von Bolzaneto zusammengestellt hat, haben die
AnwältInnen der Anklage den Verantwortlichen vorgehalten, den 3.Artikel der
Menschenrechtsverordnungen und die persönlichen Grundrechte missachtet zu
haben und verlangen, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
Die Beleidigungen, der Sadismus, die Tritte und Schläge, welche die
Verhafteten von Bolzaneto (252) über sich ergehen lassen mussten wurden
nicht als Folter bezeichnet.

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Diaz
Kurz zur Erinnerung: Nch zwei Tagen heftigster Polizeirepression in den
Strassen Genuas, einer ermordeten Person und unzähligen Verletzten, konnte
die Polizei "nur" wenige Verhaftungen verrechnen. Mit der Stürmung der zwei
Schulen (in der Diaz schliefen z.T. bereits DemonstrantInnen, in der Pascoli
war das Mediacenter) sollte die negative Bilanz seitens der Ordnungskräfte
mit einer maximalen Zahl an Verhaftungen ausgeglichen werden.
Die Operation zeigte folgenden Schluss: Alle 93 Anwesenden wurden verhaftet,
62 mussten in die Notaufnahme, 28 blieben gleich im Spital. Alle erlitten
schwere Verletztungen und Gehirnerschütterungen. Der Anklagepunkt der
Verhaftungen: kriminelle Vereinigung mit dem Ziel der Zerstörung und
Plünderung, belgt durch zwei Molotovs, die in der Schule (wieder)gefunden
wurden und verschiedenen Waffen, die zum Teil der Baustelle ber der Schule,
nach dem Antreffen der Polizei, entnommen wurden. Mit einem Video (von einer
günstig gelegenen Überwachungskamera aufgenommen) konnte aufgezeigt
werden, dass die Agenten mit zwei, am gleichen Tag in den Strassen Genuas
konfiszierten Molotovs hantierten und dann als Beweismaterial in das Innere
der Schule einführten.

Die Ermittlungen werden eingeleitet, nachdem die Richter die Verhafteten
angehört hatten. Sie weigern sich aber, die Verhaftungen zu bestätigen.
Die Anklage (Widerstand, Aggression und Waffenbesitz) wird aufgrund
mangelnder Beweise fallen gelassen. Hängig bleibt jedoch die Anklage für
kriminelle Vereinigung mit dem Ziel der Zerstörung und Plünderung.

Im Juni 2004 beginnt das Vorverfahren gegen die "Diaz"-Polizisten für
falsche Beweise, Verleumdung und Prügel. Im Zentrum der Ermittlungen stehen
bald die Molotovs. In den Protokollen steht, dass die Molotovs im Innern der
Schule, in der Turnhalle im Erdgeschoss gefunden wurden, so dass sie den 93
Anwesenden zugänglich waren. Diese Information kommte am Ende der
Ermittlungen klar als falsch und verleumderisch dargelegt werden. Auch für
die anderen "gefundenen" Materialien konnte aufgezeigt werden, dass dise
inszeniert und durch die Polizei zurechtgelegt wurden (Materialien von der
Baustelle, Rucksackverstärkungen (Stäbe), Sackmesser, etc.)

Der Prozess, der am 6.April 2005 beginnen wird, basiert sich auf diesen
Lügen und 28 Polizisten werden nicht wegen ihrer Taten, dem Massaker und
die Verhaftungen, vor Gericht gestellt werden, sondern weil sie auch
unfähig waren, Beweise zu erfinden. Die Anklage lautet auf: Fälschung
(falso), Verleumdung (calunnia) und Verletzungen (lesioni).

Dieser Entscheid hat aber einen hohen politischen Wert. Diese hohen Tiere
des Ordnungsapparates, die in der Zwischenzeit z.T. zusätzlich die
Karriereleiter hochgeklettert sind, müssen entweder glaubwürdig bewiesen
können, dass sie von diesen Verleumdungen und Fälschungen nichts
mitgekommen haben oder erklären, warum sie als öffentliche Beamten diese
nicht verhindert haben, was ihre Pflicht gewesen wäre. Weiter müssen die
präzisen Verantwortungen und die Hirne der Operationen aufgezeigt werden,
die während jener Tage in Genua den Notzustand erzwangen.

Die wahre Geschichte der Protesttage in Genua wird bestimmt nicht in
Gerichtsälen gelüftet werden. Von den restlichen 240 beteiligten Personen,
die in jener Nacht in der Diaz die Köpfe einschlugen, sind die Identitäten
noch immer nicht bekannt und zu viele Unklarheiten grassieren rund um die
Anti-G8-Tage (2001) in Genua.

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